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Sozialparasitismus ...What?!

  • Autorenbild: joelswelt
    joelswelt
  • 4. März 2017
  • 4 Min. Lesezeit

Sozialparasitismus ist einfach nur Parasitismus zwischen sozialen Insektenarten. Gut Parasitismus ist jetzt auch kein Begriff den jeder kennt, aber Parasiten kennt ja wohl jeder oder? Und so ungefähr ist das auch.

Die Königinnen vieler Arten sind nicht in der Lage selbstständig eine Kolonie zu gründen. Sie benutzen hierfür stattdessen die unfreiwillige Unterstützung einer anderen Art. Frisch begattet suchen sie eine bereits bestehende Kolonie einer fremden (meist eng verwandten) Art. Durch verschiedene Tricks und Täuschungsmanöver, die fast immer auf der Basis von Geruchsstoffen (Pheromonen) funktionieren, gelingt es der Königin in die fremde Kolonie einzudringen, ohne dass sie als Fremde erkannt wird.

Parasit und Wirt sind sehr eng verwandt, die Sozialparasiten sind phylogenetisch aus der Gruppe (Gattung, Tribus) ihrer Wirtsarten entstanden.

Die abhängige Gründung durch permanenten Sozialparasitismus

Bei dem permanenten Sozialparasismus gründen die Königinnen einer Art bei einer anderen Art und sind für ihr gesamtes Leben auf die Versorgung durch die Wirtsart angewiesen. Diese Form der Gründung und Versorgung kommt in Mitteleuropa überproportional häufiger als in den Tropen vor. Teilweise sind die Sozialparasiten arbeiterinnenlos, so dass nach dem Töten der Wirtskönigin - sofern dies geschieht - die Kolonie langsam zu Grunde geht.

Die abhängige Gründung durch temporären Sozialparasitismus

Die sozialparasitäre Gründung erfolgt meist sehr unterschiedlich, am häufigsten zu beobachten sind wohl die Königinnen der Untergattung Chthonolasius; manchmal zerbeißt deren Königin eine Arbeiterin um ihren Geruch anzunehmen. Im Nest einmal akzeptiert arbeitet sie sich bis ins Herz der Kolonie, der Kammer der Königin vor und tötet sie. Die Gründung von verschiedenen Chthonolasius erfolgt aber wahrscheinlich meistens in weisellosen Kolonien. Das kleine Weibchen von Lasius reginae tötet die Wirtsameisenkönigin selbständig durch einen Kehlbiss. Andere sozialparasitäre Arten töten die Königin gar nicht, beispielsweise bei Strongylognathus testaceus. Da sich die jeweilige Wirtsameisenart im Laufe der Evolution an ihre "Feinde" angepasst hat (ebenso umgekehrt), geht diese Gründung oft schief. Es wurde schon beobachtet, dass die Wirtsameisen-Königin selbst das Weibchen der sozialparasitären Art umbringt, häufig wird die sozialparasitäre Königin von den Arbeiterinnen umgebracht. In anderen Fällen tötet die Königin gar nicht die Königin ihrer Wirtskolonie selbst, sie lässt diese Arbeit die Wirtsameisen übernehmen, welche sich gegen ihre eigene Königin wenden, da die sozialparasitäre stark bevorzugt wird. Ist die eigentliche Königin erst einmal beseitigt, pflegen die Arbeiterinnen die Brut der neuen fremden Königin, ohne zu bemerken, dass sich aus dieser Arbeiterinnen einer ganz anderen Art entwickelt. Sobald die sozialparasitären Ameisen relativ volksstark sind, werden die Wirtsameisen getötet und an die Larven verfüttert. Deshalb werden recht selten Mischkolonien aufgefunden. Bald deutet nichts darauf hin, dass die Kolonie einst von einer anderen Art gegründet wurde und erst später von einer anderen Art übernommen wurde . Diese Art der Gründung nennt man temporär sozialparasitisch. Temporär, weil sich der Parasitismus nur auf die Zeit der Gründungsphase bezieht. Sozial, weil die Leistung, die parasitisch in Anspruch genommen wird eben die sozialen Leistungen der gemeinschaftlichen Brutpflege, Verteidigung, Nahrungsbeschaffung, ... sind

Die abhängige Gründung durch Zweignestbildung (= Soziotomie)

Bei dieser Art der Gründung kehrt die begattete Königin wieder zurück in ihr altes Nest, wo sie direkt aufgenommen wird. In den meisten Fällen sind da schon mehrere Königinnen drin. Die Gründung einer eigenen Kolonie ist so nicht mehr notwendig und die Kolonie selber wächst noch schneller.

Nach einiger Zeit kommt es dann zur Zweignestbildung. Dabei verlassen einige Königinnen und Arbeiterinnen zusammen das Nest und bilden meist nur wenige Meter vom Ursprungsnest eine Kolonie. Die Nester stehen jedoch immer noch in Verbindung miteinander. Auf diese Art entstehen riesige Nestverbände mit mehreren Nestern in direkter Umgebung vom Ursprungsnest. Dies nennt man übrigens "Superkolonie". Ein riesen Vorteil hat diese Methode für das fortbestehen der Kolonie, denn wenn die Königin stirbt, wird diese durch eine junge ersetzt. Im normal Fall stirbt eine Kolonie aus wenn die Königin stirbt, denn es gibt keinen Nachwuchs mehr und Arbeiterinnen leben nicht so lange wie Königinnen. Mit der Zweignestbildung kann eine Kolonie über hunderte von Jahren bestehen.

Weitere Variationen

Man darf sich diese Gründungsformen nicht als streng voneinander getrennte Möglichkeiten vorstellen. Eher trifft zu, dass es sich hierbei um Grundtypen handelt, bei denen verschiedene Mischformen und Variationen vorkommen können. Wie schon erwähnt sind die Waldameisen meist in der Lage unabhängig durch Zweignestbildung (Fall 3) oder abhängig durch temporären Sozialparasitismus (Fall 2) zu gründen. Jede Strategie birgt Chancen und Risiken. Eine räumliche Ausbreitung über Hürden von mehreren Kilometern hinweg (z. B. bis in den nächsten Wald) ist durch Zweignestbildung sehr mühsam, wenn nicht unmöglich. Dafür bietet es die Möglichkeit einen gut geeigneten Nistplatz voll auszunutzen. Andererseits ist die sozialparasitische Gründung gefährlich und nur wenigen Weibchen gelingt es ein geeignetes Nest einer fremden Art zu finden und dort auch noch einzudringen. Dafür aber könnte dieser Ort dann der Beginn einer neuen Superkolonie sein.

Zudem gibt es auch Variationen der Gründung wie die Gründung in Pleometrose (im Grunde eine unabhängige Gründung durch einzelne Königinnen – Fall 1 – bei der mehrere Königinnen in einer Ameisen-WG gemeinsam gründen um so den Gefahren besser gewachsen zu sein.

Eine weitere Variation dieser Strategien benutzen die Treiberameisen (z. B. Eciton hamatum). Sie müssen von Anfang an eine große Kolonie zur Verfügung haben. Dazu spaltet sich diese zu einem bestimmten Zeitpunkt in zwei Teile. Der eine Teil zieht mit der alten (begatteten) Königin, der andere Teil mit einer einzigen (unbegatteten) Jungkönigin weiter. Weitere unbegattete „Ersatzköniginnen“ werden von einigen Arbeiterinnen bewacht zurückgelassen. Diese kleine Gruppe stirbt. Die Arbeiterinnen der unbegatteten Jungkönigin hingegen bringen so schnell wie möglich Männchen zur Begattung ins Innere der Kolonie, so dass die Kopulation dort stattfindet.

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